Indianer in der Montessori-Grundschule-Chemnitz
„Manchmal regnet es im Leben“, sagt der Mann mit dem sympathischen Lachen, die Mütze tief ins Gesicht gezogen und in eine warme Wolljacke gehüllt. Er mag so gar nicht den romantischen Vorstellungen eines Indianers unserer Fantasie entsprechen. „Dann ist es wichtig, die Richtung zu ändern.“, vollendet er den Gedanken.
Schüler und Pädagogen der Montessori-Grund- und Mittelschule Chemnitz stehen gemeinsam auf dem herbstlichen Schulhof in einem Kreis, fassen sich an den Händen und bewegen sich im Takt der indianischen Trommel. Es geht um die Gemeinsamkeit, das aufeinander Aufpassen, sich gegenseitig Freude schenken. Stetig wiederholt der Mann im Zentrum des Kreises seine Ideen an diesem Tag. Sein tief empfundenes Anliegen, für das er immer wieder seine Heimat, das Menominee-Reservat in Wisconsin, USA verlässt, um rund um die Welt zu reisen.
Zweieinhalb Stunden zuvor betrat Wiciwen Apis-Mahwaew die Bühne des Musikzimmers der Montessori-Grundschule. Es ist der 10. November 2014, ein sonniger Herbsttag. „Der mit dem schwarzen Wolf geht“, wie sein indianischer Name übersetzt wird, weckt vor den amüsierten Schülern seine Instrumente. Verschiedene indianische Flöten, eine E-Gitarre und diverse Rhythmusgeräte erwachen vor den staunenden Augen der Kinder zum Leben. Zusammen mit seinem elfjährigen Sohn „Bärenklaue“ intoniert er traditionelle Weisen seines Stammes und Stücke modernen amerikanischen Blues-Rocks. Zwischendurch erzählt er Geschichten. Wade Fernandez und sein Sohn Quintin, so die amerikanischen Namen, sind stark mit der Tradition ihrer Herkunft verbunden und doch leben sie im Hier und Jetzt. Der schwarze Wolf berichtet von den dichten Wäldern seiner Heimat, wie er zu seinem Namen kam und wie er seine fünf Kinder im Babyalter in den Schlaf sang. Er erzählt von Bären, von einer alten Sprache, die noch immer lebendig ist und immer wieder von der Musik, die sein Leben bestimmt. Zusammen mit den lebhaften Kindern übt er die Zahlen und singt Lieder in der Sprache seiner Vorfahren.
Schließlich stehen alle auf dem frostigen Schulhof und fassen sich verlegen an den Händen. Es sei in Ordnung, schüchtern zu sein, sagt der schwarze Wolf, doch es ist wichtig, die Schüchternheit zu überwinden. Denn nur so kann man seine Begabung, ein persönliches Geschenk, entfalten und im Alter glücklich sein. Und die vielen großen und kleinen Füße schlurfen über den Asphalt im Takt der Trommel, die selbst Symbol ist für den Kreis des Lebens, der beginnt und endet und immer wiederkehrt.
Veröffentlich in der Kategorie "Grundschule", "Oberschule" am 12.11.2014