Wanderung vom Fichtelberg zur Schule
Vorwort. Die Idee zu diesem Projekt schlummerte schon lange in uns. Die Freude, Sehnsucht und Erfahrung in der Natur zu sein und sie zu erleben, hat uns die Möglichkeit beim Schopfe packen lassen, um die Literaturprojektwoche vor den Ferien zu nutzen. Fünf Tage mit dem Tragen des eigenen Gepäcks auf dem Rücken und zu Fuß von Herberge zu Herberge in unserem wunderschönen Erzgebirge erschien uns als sehr mutig. Wir hofften, ein paar Schüler dafür zu begeistern. 15 hatten wir uns gewünscht – über 30 wollten mit. Wir waren überwältigt und konnten es kaum glauben. Wir haben uns für die 6er und 7er entschieden (die 5er dürfen, falls es stattfindet, nächstes Jahr mit) und sind mit 23 Schülern losgewandert. Dass wir zweimal mit dem Zug fahren mussten, liegt an den Entfernungen zwischen den Herbergen. Diese sind nicht so gelegen, dass wir den kürzesten Weg vom Fichtelberg zur Schule gehen konnten. Trotzdem war das Vorhaben eine Herausforderung, denn wir wussten nicht, was auf uns zukommt. Sicher war uns nur, dass wir jeden Abend ein Bett hatten und der Weg nach Hause im Notfall nicht so weit ist. In dem Reisebericht haben wir bewusst auf Namen der Schüler verzichtet. In der Schule wird man bestimmt noch den einen oder anderen persönlichen Reisebericht lesen und sehen können...
Montag, 26.09. 7.10 Uhr Treff am Omnibusbahnhof. Bis auf zwei Schüler sind alle da. Eine Absage wegen einer Sportverletzung. Und die Zweite? Wir müssen los, der Fahrer wartet nicht, er wirkt eh schon etwas überfordert mit dem Fahrscheinverkauf. Wir fahren. An der Ausfahrt wird der Bus von einem Mann gestoppt. Unser Nachzügler stand im Stau. Wir sind vollzählig. In Oberwiesenthal angekommen laufen wir los. Unser erstes Ziel ist der Fichtelberg. Da hoch?! Vorbei an der imposanten Sprungschanze mit einer längeren Rast am Eckbauerneck, kommen wir zur Mittagszeit bei strahlender Sonne auf dem Dach Sachsens an. Alle sind begeistert. Welch Aussicht! Wir bilden die erste Wanderweggruppe mit der Verantwortung, uns zur Jugendherberge zu bringen. Orientieren und auf geht`s. Ab jetzt nur noch bergab. Wir laufen die Schneise zum Bergbauerneck, ein frisch gemähter Berghang. Einige rennen, andere rollen sich runter, ein herrlicher Spaß. Ab jetzt zieht es sich ein wenig mit häufigeren Fragen: „Wie weit noch?“. Nächste Rast in der Sonne und weiter. An der Strecke der Fichtelbergbahn haben wir Glück, „Fotohalt“, die Fichtelbergbahn dampft bergauf. Kurz vor Neudorf ein Bach, welch Freude und Abwechslung. Kurz vor 17 Uhr, wir sind da. Einige ziemlich fertig, nach dem Motto: „Ich will nicht mehr“. Wir beziehen unsere Zimmer. 18 Uhr Abendbrot. Die Welt sieht schon wieder besser aus. 19-20 Uhr Treff zur Tagesabschlussrunde. Soweit sind alle zufrieden. Die Laune ist gut. Wir verteilen die Aufgaben für den nächsten Tag. Es gibt doch einiges zu tun. Vom Weckdienst, Zimmerverantwortlichkeit, Bäcker- und Fleischerdienst bis zur Wegegruppe haben wir reichlich an Verantwortung abzugeben. Schön so. Zum Einschlafen lesen wir ab halb 10 einige Kapitel aus „Das Geheimnis der verschwundenen Kinder“- Literaturprojektwoche! Gute Nacht.
Dienstag, 2. Tag, Rückblick. Es ist Abend, wir haben gerade gemeinsam den Tag ausgewertet. Er war anstrengend. Wir sind heute früh schon um 9 Uhr gestartet. Nachdem wir das Frühstücksbuffet „geplündert“ hatten, mussten wir zusehen schnell davon zu kommen. Auf dem Weg nach Cranzahl sind wir gut voran gekommen. Ziel war der Zug um 13 Uhr. Um 12 Uhr waren wir an der Talsperre, die Proviantgruppe zog schon los, um im Ort Nahrung zu ordern. Die anderen haben Steine ins Wasser springen lassen. Die Proviantgruppe überraschte uns dann am Bahnhof mit belegten Brötchen, frischem Brot, Keksen und Wienern. Starke Leistung wie sie das für uns ohne Geld versorgt haben. Jetzt mit dem Zug nach Warmbad, zu Fuß ist die Strecke einfach nicht schaffbar. In Warmbad geht es bergauf über die Wolkensteiner Schweiz zur Anton-Günther-Höhe. Am Wegesrand gibt`s noch Äpfel zur Stärkung. Ein wunderschönes Fleckchen Erde bei traumhaftem Wetter. Aber nicht für alle. Es geht nur noch bergan. Eine erste Krisensitzung ist notwendig. Die Gruppe beschließt, dass die beiden Erschöpften die Wegeplanung übernehmen, um auf andere Gedanken zu kommen, und ganz vorne laufen – sie bestimmen nun das Tempo. 17 Uhr sind wir an der Herberge angekommen. Es war anstrengend. Nach dem Abendbrot war das Aufgeben jedoch kein Thema mehr. Abschlussrunde, Aufgabenverteilung, Wegeplanung, zwei Kapitel lesen, Nachtruhe. Dann morgen auf ein Neues. Wir sind gespannt.
Mittwoch, 3.Tag. Der Tag beginnt doch anders als erhofft. Die vergessenen Weh-Wehchen von gestern sind am Morgen hoch aktuell. Am liebsten wäre einigen jetzt das Elterntaxi. Wir setzen uns zusammen. Die Gruppe beschließt für alle da zu sein und zu helfen. Lösungen werden besprochen. Die Dynamik ist klasse, die „Abbrecher“ lassen sich ein und gehen weiter mit. Wir starten total zufrieden und sind stolz auf uns alle. In Großolbersdorf sitzen wir am Grab von Karl Stülpner, lauschen einer Geschichte über den Wildschütz und erhalten vom Friedhofsgärtner Informationen zu Nachfahren und zum Grab. Zwei Gruppen organisieren bei Bäcker, Fleischer, auf dem Markt und in der Apotheke Proviant für den Tag. Wieder werden wir allein durch Spenden bestens versorgt. Die Schüler sind genial. Wir starten Richtung Scharfenstein. Unterwegs gibt es leckere Pflaumen und Äpfel, was uns so vor die Füße fällt. Die Burg erwartet uns bei herrlichem Sonnenschein. Da wir noch Zeit haben bis wir in die Herberge können, gehen wir auf die Burg in die Stülpner-Ausstellung. Danach geht es endlich in die Herberge. Die Einkauf- und Kochgruppe zaubert uns ein leckeres Abendbrot. Selbstgemachter Kartoffelbrei mit Fischstäbchen und Zwiebel. Danke. Unsere Abendrunde wird um 21 Uhr mit Nachtruhe beendet. Die Schüler haben beschlossen um 5 Uhr aufzustehen, um in den Sonnenaufgang zu wandern.
Donnerstag, 4. Tag. 5 Uhr wecken. Wir starten im Dunkeln und wollen durch den Wald auf's Feld. Wir sind da, doch die Sonne versteckt sich hinter den Wolken. Trotzdem ein herrlicher Morgen. Wir laufen talwärts Richtung Zschopau und sind kurz vor Mittag da. Wir haben noch 1,5 Stunden bis uns der Zug wieder ein kleines Stück fährt. In Zschopau „erzählen“ wir uns wieder unsere Mahlzeit und bekommen Brot, Obst, Gemüse und etwas Wurst. Klasse. Wir fahren bis Hennersdorf mit der Bahn und lassen uns an der Holzbrücke auf der Wiese an der Zschopau nieder. Wie wär’s mit einem Bad? Keiner traut sich. Dann wagen es die ersten unter dem „haha“ und „hihi“ der anderen, die dann doch noch folgen. Nach zehn Minuten sind fast alle drin (allerdings in Klamotten). Uns geht’s einfach nur gut. Abgekühlt und gestärkt vom reichhaltigen einfachen Essen (in der Natur schmeckt auch Brot mit roher Zwiebel) geht es 15 Uhr weiter über den Kunnerstein, mit Rast und schöner Aussicht, Richtung Augustusburg. Am Fuße der Burg haben wir uns noch ein Eis gegönnt. Die Einkaufsgruppe war im großen Supermarkt für den nächsten Tag leider nicht erfolgreich im Sinne von „Wir erzählen uns das Essen...“ (ein Hoch auf die kleinen Dorfläden). Im Schloss angekommen, beziehen wir unsere Zimmer. Alles sauber und prima. Der Koch scheint jedoch nicht so richtig auf uns eingestellt, doch 25 Paar hungrige Augen lassen ihn wirbeln und wir werden doch noch satt. Unsere Abendrunde verbringen wir heimlich im Burgverlies, welches mystisch mit Kerzen ausgestattet uns empfing. Herrliches Ambiente! Der Abend geht mit einem Weg aus den Burgmauern am Fuße des Schlosses zu Ende.
Freitag, letzter Tag. Nach gutem Frühstück starten wir bei schönstem Wetter unsere letzte Etappe. Alle sind fit. Wir laufen bergab nach Erdmannsdorf und weiter bergauf Richtung Euba. Jetzt wird's hart. Am Pilz machen wir eine Rast und weiter geht es bergauf mit letztem wunderschönen Blick auf das Schloss Augustusburg und einem Echo in den Wald. Jetzt verlaufen wir uns das erste Mal richtig. Die Wanderweggruppe verpasst einen Abzweig. Wir merken es und gehen zurück, wollen abkürzen und verlaufen uns noch weiter. Also Kompass auf die Karte. Alles klar - total falsch - 180 Grad Kehrtwendung und mit zwei bis drei Kilometern Umweg kommen wir dann doch über Euba der Schule nahe. Die letzten Kilometer werden wir immer langsamer, bei einigen geht gefühlt nichts mehr. Im Zeisigwald machen wir noch eine Abschiedsrunde bevor uns die Zivilisation wieder aufnimmt. Alle sind begeistert und stolz, so etwas geschafft zu haben und wollen es auch wieder tun. An der Schule erwarten uns die Eltern mit großer Freude. Schüler der Lärche überreichen uns selbst gestaltete Wanderurkunden und leckeren frischgebackenen Kuchen. Emotional aufgewühlt verabschieden wir uns in die Ferien.
Nachbetrachtung. Unsere Hoffnungen und Wünsche sind in Erfüllung gegangen. Wir möchten uns vor allem bei denen bedanken, die uns mit dem herrlichen Wetter versorgt haben. Die Freude, Offenheit, Ehrlichkeit und Bereitschaft der Schüler, diese Woche gemeinsam zu gestalten, hat uns schmerzende Füße und Schultern ertragen lassen. Überall wurden wir freundlich, liebevoll und anerkennend aufgenommen. Wir sagen DANKE an alle und freuen uns auf ein neues Abenteuer...
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Veröffentlich in der Kategorie "Oberschule" am 20.10.2016