Holunder goes Bolivia
Ein wenig ist es wie ein „Nach-Hause-Kommen“, wenn man nach der mühsamen Wanderung vom Elbtal hinauf das Ende des sonnenüberfluteten Feldweges erreicht und hinter der kleinen Kirche von Porschdorf endlich die Dächer des Aktivhofes inmitten der schroffen Sandsteinklippen der Sächsischen Schweiz auftauchen. Entsprechend herzlich ist die Begrüßung zwischen den Kindern und dem AktivreiseTeam. Torsten Roder und Falk Sohr sind „alte Bekannte“ wenn die Schülerfirma „Holunder SGmbH“ auf Reisen ist. In diesem Jahr spielt sogar das Wetter mit. Hoch steht die Sonne über dem Elbsandsteingebirge und spendet den Aktiven wohlige Wärme. Später am Abend, wenn das Lagerfeuer knistert und sich die Schüler und Betreuer zur „Manitu-Sitzung“ versammeln, werden sie von ihrem ersten Highlight der Reise schwärmen. Circa neun Kilometer theoretischer und tatsächlich wahrscheinlich doppelter Strecke mit Drehungen und Zickzack-Linien sind sie in großen Schlauchbooten die träge dahin fließende Elbe hinab gepaddelt. Das rhythmische „Eins und Zwei und Eins und Zwei“ noch im Ohr müssen sie lachend zugeben, dass das gleichmäßige Paddeln auf beiden Seiten und das Steuern eines Schlauchbootes nicht so einfach sind. Aufgeben kommt jedoch zu keinem Zeitpunkt in Frage. In einem Boot auf reißendem Strom lernt man schnell, dass man nur gemeinsam ans Ziel gelangen kann.
In den kommenden Tagen wird noch die Bello-Höhle erforscht, in der die Schüler tief unter dem Stein, mit Helm und Lampe ausgerüstet, durch enge Öffnungen kriechen oder über schroffe Pfade klettern. Außerdem werden die Kinder mit Gurt und Seil einen Felsen besteigen, eine Nacht unter einem Felsvorsprung verbringen und wandern. Dabei sind sie fast ausschließlich in der Natur, baden in der Elbe, bereiten ihr Essen selber zu.
Am Abend des letzten Tages zeigt Torsten Roder der Klasse einen Bildervortrag seiner letzten Reise nach Bolivien. Aus einer Urlaubsreise heraus entstand der Wunsch zu helfen. Gemeinsam mit seiner Freundin Ilka Sohr gründete er das „Projekt Regenzeit e. V.“, verletzte Tiere zu versorgen, den Einwohnern Alternativen zu Raubbau und Wilderei aufzuzeigen und eine medizinische Versorgung vor allem der indigenen Bevölkerung zu organisieren. Ein Projekt, welches zeigt, wie Menschen in der Welt helfen können. Seit einigen Jahren haben sie auch Kontakt zu einer Schule im bolivianischen Rurrenabaque. Dort unterstützen sie den Unterricht mit fächerübergreifenden Projekten, spenden Lernmaterial oder eine neue Nähmaschine. Gemeinsam mit der Lehrerin Tania Moreno Nogales arbeiten sie mit den Kindern zu einem verantwortlichen Umgang mit Plastikmüll zum Schutz der Natur. Besonders engagierte Schüler werden außerdem auf die Tierschutzstation eingeladen.
Als die Holunderkinder von der Schulklasse in Bolivien erfahren, sind sie sich schnell einig, eine Partnerschaft zu der Klasse in Rurrenabaque aufzubauen. Noch in derselben Nacht fliegt die erste Mail mit dem Vorschlag hinüber nach Südamerika. Am Vormittag ist bereits die Antwort da. Jubel unter den Schülern. Tania Moreno Nogales ist von dieser Idee begeistert und hat spontan zugesagt. Spanisch lernen wollen die einen Schüler. Ein Besuch in Bolivien schlagen wiederum andere vor. Der Enthusiasmus ist groß. Es ist ein spannender Moment. Erschöpft aber glücklich kommen die Schüler nach vier Tagen auf dem Hauptbahnhof Chemnitz an. Ihre Eltern nehmen sie in Empfang. Die Kinder haben viel zu erzählen. Der Alltag hat sie wieder. Doch etwas ist anders. Sie sind um Erfahrungen reicher. Manch einer hat seine Grenzen kennen gelernt. Doch gemeinsam haben sie einen Traum, Verbindung aufzubauen nach Bolivien. Helfen, Kennenlernen, Freunde finden und wer weiß, vielleicht werden sie eines Tages die Orte selbst entdecken, die sie bisher nur von Torstens Fotos kennen.
Veröffentlich in der Kategorie "Oberschule", "Holunder" am 02.06.2018