1. Vorwort

Das Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie die darauf beruhenden sächsischen Regelungen eröffnen die Möglichkeit, daß Kindertageseinrichtungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe errichtet oder übernommen werden. Das Angebot der Einrichtungen soll gekennzeichnet sein durch seine Vielfalt von Trägern, Inhalten, Methoden und Arbeitsformen, welche sich an den Bedürfnissen der Kinder und Eltern orientieren.  

Mit der Gründung des Montessori-Kinderhauses Platnerstraße soll das Spektrum der Chemnitzer Kindertagesstätten durch eine Alternative bereichert werden, die auf der Grundlage der Montessori-Pädagogik kindgerechte Sozial- und Lernräume zum Selbstentdecken, Selbstentscheiden, Ausprobieren, Begreifen und Verändern der Umwelt schafft. Dabei stützen wir uns auf die Erfahrungen anerkannter Montessori-Kinderhäuser und der wissenschaftlichen Unterstützung der Technischen Universität Chemnitz/Zwickau. Die gegenseitige Achtung, Kommunikation und Kooperation zwischen allen interessierten Kindertagesstätten und unserem 
Montessori-Kinderhaus soll dabei zum Austausch von Erfahrungen der ErzieherInnen und Kinder gefördert werden.  

 

2. Die Pädagogik

Die Einstellung zum Kind

Grundlage unserer Arbeit sind die Erkenntnisse Montessoris über die notwendigen Freiheiten für die kindliche Entwicklung. Ausgehend von der Psyche des Kindes als eigenständiges Wesen stellt sie fest, daß Kinder alle notwendigen Grundlagen und Voraussetzungen zum Erwachsenwerden in sich tragen. Daraus resultieren die größtmöglichste Achtung, Wertschätzung und das Vertrauen zum Willen und zu den Fähigkeit unserer Kinder.  

 

Der neue Erzieher

Diese Einstellung fordert von ErzieherInnen "weise Zurückhaltung" . "Dem Kind muß geholfen werden, wo das Bedürfnis ist. Doch schon ein Zuviel dieser Hilfe ist stört das Kind." (Maria Montessori: Grundlagen meiner Pädagogik). Erwachsene begleiten Kinder auf dem Weg ihrer Entwicklung, sind aber keineswegs diejenigen, die Entwicklung und Wachsen bestimmen oder antreiben. Entwicklung ist ein Prozeß, der vom Kind selbst geleistet wird, durchaus in Beziehungen zu Erwachsenen, zur Umwelt, zur Gemeinschaft, in die es hinein geboren wird. Nicht selten stellen sich dem Kind in seiner Umgebung Hindernisse und Erschwernisse in den 
Weg. Den ErzieherInnen kommt dabei die verantwortungsvolle Aufgabe zu, dem Kind Helfer zu sein, seine Entwicklung aufmerksam zu beobachten, mit zu verfolgen, um im rechten Augenblick Angebote machen zu können und, wenn nötig, gezielte Hilfe zu geben. Das erfordert die genaue Kenntnis kindlicher Entwicklung, der sogenannten sensiblen Phasen der Entwicklung, ein behutsames Entscheiden aus der aufmerksamen und respektvollen Distanz heraus. Um diesen vorsichtigen, feinfühligen und vielfältigen Ansprüchen gerecht zu werden, ist für die Pädagogen unserer Einrichtung die bundesweit anerkannte Zusatzausbildung zum 
Montessori-Diplom notwendig.  

 

Die vorbereitete Umgebung 

Um ein selbst gestaltetes und selbst gelenktes Arbeiten zu ermöglichen, bedarf es der Sorge der ErzieherIn für die Ausstattung der Gruppenräume ebenso wie des weiteren Umfeldes, d.h. sie sorgt für eine vorbereitete Umgebung. 

Das Material als Bestandteil der Umgebung wird in fünf Bereichen (Sinneserziehung, Tägliches Leben, heimat- und sachkundliche Erziehung, Sprache, Mathematik) den Kinder in offen zugänglichen und geordneten Regalen und Schränken angeboten, ist also immer verfügbar und soweit für das Kind aufbereitet, daß es jede Tätigkeit selbst ausführen kann. Das bedeutet für die Ausstattung der Gruppenräume kindlich angemessenes Mobiliar, verschiedene Zonen und Arbeitsbereiche (z.B. Bastelecken, Experimentiertisch, Leseecke usw.), Küchenherd, Spüle, Geschirr, Werkzeug, Putzzeug und vieles mehr. 

Die von Maria Montessori hervorgebrachten Entwicklungsmaterialien (und die auf dieser Basis weiter vervollständigten Materialien) sind keine Lehrmittel, mit dessen Hilfe die ErzieherIn dem Kind Sachverhalte zum Verständnis veranschaulicht. Es ist vielmehr Material für die Hand des Kindes, damit es selbst seine Bewegungen und Sinne - und damit seine Intelligenz und gesamte Persönlichkeit - vervollkommnen kann. Es entspricht den Prinzipien der Ästhetik, Aktivierung, Begrenzung und der Selbstkontrolle. 

Mit Umgebung ist auch die natürliche Umwelt, in der wir leben, zu der selbstverständlich auch die menschliche Gemeinschaft sowie Pflanzen und Tiere gehören, gemeint. Ihr soll besonders Rechnung getragen werden. Sie ist für das Kind Bewegungs- und Erfahrungsraum, in dem es in Freiheit aktiv wird und Erkenntnisse gewinnt. Vorbereitete Umgebung meint nicht Schonraum, der das "wirkliche Leben" ausschließt und dem Kind unrealistische Bedingungen anbietet. Das Kind soll Anreize und Herausforderungen vorfinden, um sich anzustrengen und intensiv zu arbeiten. 

 

Die freie Wahl der Arbeit

Ein wesentlicher Teil unserer Erziehung verwirklicht sich in der Freiarbeit. Anhand differenzierter Angebote von Entwicklungsmaterialien entscheidet das Kind selbst über Inhalt, Form, Zeitpunkt, Dauer und Partner beim Arbeiten. Die wohlgeordnete Umgebung gibt dem Kind einen Rahmen, der Orientierungsshilfe und Experimentierfeld zugleich ist. Die ErzieherIn führt das Material nach und nach ein, zeigt dem Kind den richtigen Gebrauch. Dann kann das Kind gezielt Dinge, die sein Interesse geweckt haben, auswählen und bearbeiten. Die freie Wahl erfordert innere Entscheidung, ist also ein bewußter Vorgang, der Aktivität, Entschlossenheit und Selbstkompetenz einschließt, die sich nur in Beziehung zur ErzieherIn und zur Umgebung entwickeln können. 

Die freie Wahl der Arbeit hat den individuellen Lernweg zur Folge. Weder ein bestimmter Plan diktiert die Beschäftigung noch ein durchschnittliches Gruppeninteresse. Angebote werden für jedes einzelne Kind gemacht, entsprechend seinen Fähigkeiten und Erfahrungen, seinen Interessen und Bedürfnissen. Bei dieser Form des spielerischen Lernens haben Kinder die Zeit, die sie brauchen. Sie können verweilen, wiederholen, sie können sich in Ruhe auf eine Arbeit einlassen in dem Tempo, das ihnen eigen ist. Auf diesem Weg entwickelt jedes Kind seine Sinneserfahrungen, seine Fähigkeiten zur Bewältigung der Anforderungen des Alltags, erwirbt erste mathematische, sachkundliche oder Schreib- und Lesekenntnisse.   

Gemeinsame Aktivitäten wie Sport, Musik, Projekte u. ä. ergänzen die Freiarbeit. Ziel der gesamten Erziehungstätigkeit ist eine ausgeglichene kindliche Persönlichkeit . Während des gesamten Tagesablaufes wird daher auf eine Rhythmisierung der Aktivitäten geachtet. Stille erleben ist genauso wichtig wie individuelles oder gemeinsames Tun.  

Die Grenzen der Freiheit für jeden in unserem Kinderhaus stehen dort, wo die Freiheit der anderen eingeschränkt würde. Regeln werden gemeinsam aufgestellt und auf ihre Einhaltung geachtet.  

 

Die soziale Integration

Das erfüllte Individuum ist die Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft. Die Erziehung von heute hat nicht den Auftrag, ihre Kinder zu gut angepaßten Einzelteilen eines großen Getriebes zu formen. Sie sollen zur Selbstentfaltung befähigt werden. Nur so können sie sich in unsere Gesellschaft einbringen und stellen für diese eine Bereicherung dar.  

In unserem Kinderhaus leben die Kinder in altersgemischten Gruppen. Dies fördert das soziale Lernen sowie die Ausbildung sozialer Kompetenzen überhaupt. Jedes Kind kommt damit sowohl in die Rolle des Helfenden, der für die Jüngeren Verantwortung mit trägt, nachdem es zuvor selbst Unterstützung und Orientierung von Älteren erhalten hat. 

Als besonderes Moment bietet die Integration behinderter Kinder eine wechselseitige Bereicherung für alle. Behinderte werden durch die besonderen heilpädagogischen Möglichkeiten der Montessori-Pädagogik individuell gefördert und erfahren zugleich ihre Einbeziehung ohne behinderungsspezifische Ausgrenzung mit all ihren Folgen. Zusammen mit den nichtbehinderten Kindern lernen sie, daß der Wert eines Menschen nicht von seiner Leistungsfähigkeit abhängt und jeder auf seine Art das Zusammenleben bereichert. Gemeinsam werden sie sensibilisiert für die Bedürfnisse und Interessen anderer, entwickeln ein Gespür dafür, wo Hilfe angebracht oder erforderlich ist und lernen diese selbstverständlich zu leisten oder in Anspruch zu nehmen. Vor der Aufnahme behinderter Kinder in unser Kinderhaus sind die personellen und materiellen Voraussetzungen für eine schädigungsspezifische Förderung zu schaffen.

 

Die Elternarbeit

Die Eltern-Mit-Arbeit, ihr inhaltliches und praktisches Engagement für die Entfaltung der Montessori-Pädagogik in unserem Kinderhaus ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Schaffung einer vorbereiteten Umgebung für unsere Kinder. Das erfordert von allen Eltern die inhaltliche Identifizierung mit dem pädagogischen Konzept als auch die Verpflichtung zu einer ihren Möglichkeiten entsprechenden Mitarbeit und zur Mitgliedschaft im Montessori-Verein Chemnitz e.V.  

Zur inhaltlichen Mitarbeit zählt insbesondere die fortlaufende Information über den Entwicklungsprozeß der Kinder in Erzieher-Eltern-Gesprächen, die Sorge um die pädagogische Ausgestaltung der gesamten Gruppe in gemeinsamen Elternversammlungen. Diese Podien bieten für die Eltern Informationen und Gedankenaustausch zugleich. Die praktische Unterstützung beinhaltet u.a. die Hilfe bei Veranstaltungen, bei der Ausgestaltung der Gruppenräume und des Geländes.  

 

3. Struktur 

Struktur und Öffnungszeiten

Unser Montessori-Kinderhaus wurde im Sommer 1997 eröffnet. Der Montessori-Verein Chemnitz e. V. übernahm die in der Trägerschaft der Stadt befundene Kindertagesstätte in freie Trägerschaft.  

Das Kinderhaus ist außerhalb der Schließzeiten werktags von 06:00 Uhr bis 17:00 Uhr geöffnet. Es werden maximal 64 Kinder im Alter von 2 Jahren bis Schulbeginn in 3 (4) altersgemischten Gruppen aufgenommen. Über die Aufnahme entscheidet der Träger. Es können Kinder unabhängig ihrer Konfession oder Nationalität aufgenommen werden. 

Kontakt

MONTESSORI-KINDERHAUS CHEMNITZSachsenDeutschlandMONTESSORI-KINDERHAUS CHEMNITZFreie KindertagesstättePlatnerstraße 1009119 Chemnitz+49 371 243563-90 kinderhaus@montessoriverein-chemnitz.de
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